Glossar / Wissensdatenbank

Online-Zeichnungen (Direktzeichnung)

Aktien und andere Wertpapiere kann man schon seit Jahrzehnten online an der Börse handeln. Seit 2017 ist es außerdem zunehmend möglich, bestimmte Fonds, genauer gesagt Alternative Investmentfonds digital zu zeichnen. Bislang mussten Investoren einen Kapitalanlagevermittler beauftragen, um die Zeichnungen durchzuführen, oder sich selbst an das jeweilige Emissionshaus wenden und umfangreiche Dokumentations- und Auskunftsprozesse durchlaufen. Nun haben Investoren die Möglichkeit, ausgewählte alternative Investments direkt online zu zeichnen. Diese digitale Neuerung einer Direktzeichnung vereinfacht den Zeichnungsprozess enorm und spart viel Zeit und Aufwand. Zudem verfügen Anleger, die diese Möglichkeit nutzen, über ein Online-Depot und können alle geschlossenen Beteiligungen auf einen Blick verwalten. So gibt es neben Online-Banking und Online-Wertpapieren jetzt auch Online-Sachwerte.

Direktzeichnung

Was sind Direktzeichnungen? Der Vertrieb geschlossener Investmentfonds folgt seit seinem Bestehen einer klaren Aufgabenteilung: Das Emissionshaus beziehungsweise heute die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) und der Assetmanager sind für das Produkt verantwortlich. Die Banken und freien Vermittler sind für die Eigenkapitaleinwerbung zuständig. Die Anleger werden zwar Gesellschafter der vom Anbieter verwalteten Fondsgesellschaft, bleiben jedoch die Kunden des Vermittlers.

Seit der Finanzkrise sind die Platzierungsvolumina allerdings deutlich zurückgegangen. Viele Anbieter verloren das Vertrauen in ihre früher im Absatz zuverlässigen Vertriebspartner. Diese wiederum hatten viel Ärger mit in der Vergangenheit bei ihren Kunden platzierten Fondsbeteiligungen. In Folge dessen wurden vermehrt die sogenannte Direktzeichnungen angeboten, bei denen der Vertrieb als Intermediär zwischen Investor und Anbieter ausgelassen wird.

Plattformen für die Online-Direktzeichnung 

In Deutschland werden zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels (März 2020) hauptsächlich zwei Plattformen für die Online-Zeichnung verwendet. Zum einen die von eFonds entwickelte eDirektzeichnung. Hier werden die Investoren bei Online-Zeichnungen laut eFonds durch einen „transparenten Dialog“ geführt und vollziehen ihre Legitimation und qualifizierte Signatur via Videochat. Alle Vorgänge, Informationen und Dokumente werden papierlos bereitgestellt.

Zum anderen können auf der Plattform erstmarkt.de Privatinvestoren eine Beteiligung an geschlossenen Sachwertinvestments erwerben. Der unangefochtene Marktführer im Zweithandel für geschlossene Beteiligungsprodukte, die Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG, hat diese Erstmarktplattform 2018 gestartet. Auch hier lässt sich der komplette Zeichnungsprozess bequem in einzelnen Schritten von jedem Rechner aus abwickeln. Da Sachwertbeteiligungen erklärungsbedürftige Produkte sind, und darum eine umfassende Information der Anleger unabdingbar ist, finden sich auf dem Portal auch sämtliche für die Kaufentscheidung relevanten Fakten. Es ist jedoch zu beachten, dass der Verkaufsprozess bei beiden Plattformen lediglich eine Vermittlung ohne Beratung darstellt.

Allgemein gilt:

  • Anlagevermittlung erbringt, wer einem potentiellen Investor ein konkretes Geschäft über die Anschaffung oder über die Veräußerung einer Finanzanlage vorstellt und ihn zu überzeugen versucht, dieses Geschäft abzuschließen.
  • Anlageberatung erbringt dagegen, wer gegenüber dem Kunden eine persönliche Empfehlung über die Anschaffung oder über die Veräußerung einer Finanzanlage abgibt, die auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird. Eine Anlageberatung liegt auch vor, wenn es im Anschluss an eine persönliche Empfehlung zu einem Vertragsschluss kommt.

In diesen Fällen sind auf jeden Fall die strengen Pflichten der Anlageberater zu beachten. Denn die Pflichten bei Anlageberatung (Anlegerexploration, Geeignetheitsprüfung, Informationsblatt, Beratungsprotokoll) gehen deutlich über die Pflichten bei der Anlagevermittlung (Angemessenheitsprüfung) hinaus.

D.h. der Investor sollte bei einer Direktzeichnung eines geschlossenen Investmentfonds umsichtig agieren und gegebenenfalls auf die Expertise eines Anlageberaters zurückgreifen, da es sich hierbei immerhin um eine langfristige und unternehmerisch geprägte Sachwertinvestition handelt.

An der Entwicklung und der Umsetzung der neuen Plattformen für den Handel mit geschlossenen Sachwertbeteiligungen waren hochrangige Experten eingebunden. Selbstverständlich standen bei der Konzeption und Realisierung sowohl die Aspekte der IT-Sicherheit, des Datenschutzes und der Nutzerfreundlichkeit im Mittelpunkt, ebenso wie die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen wie z.B. des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB).

Die Hintergründe für das neue Verfahren

Nach der Neuregelung bei den geschlossenen Investmentfonds wurde ein ganz neues Kapitel bei Sachwertbeteiligungen aufgeschlagen. Der Gesetzgeber hat für die Nachfolgeprodukte – die Alternativen Investmentfonds– strenge Regeln definiert. Diese sorgen dafür, dass die Qualität der im Markt angebotenen Produkte weiter zunimmt.

Doch von den neuen Beteiligungen profitieren bisher fast ausschließlich institutionelle Investoren. Das Engagement von Privatinvestoren in dem Markt war zeitweise fast zum Erliegen gekommen. Dafür gibt es zwei Gründe: vor der Neuregelung des Marktes gab es einige Produkte, die in Schieflage geraten waren und bei den Investoren zum Teil zu hohen Verlusten bis zum Totalverlusten geführt hatten. Entsprechend hatte das Image von Sachwertbeteiligungen enorm Schaden genommen.

Durch die Neuregelung im Markt wurden die Risiken der Investments begrenzt, indem die Anforderungen an Unternehmen, die solche Beteiligungen anbieten, erheblich angehoben wurden. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Berater gestiegen, was es deutlich schwerer macht, die neuen Produkte Privatanlegern anzubieten. Dies hat zur Folge, dass sich die Anbieter von Sachwertbeteiligungen zunehmend auf institutionelle Investoren konzentriert haben und private Investoren außen vorgelassen wurden. Mit eDirektzeichnungen wird ihnen nun die Möglichkeit, langfristig von der Beteiligung an Sachwerten zu profitieren, wieder erleichtert.

Weitere Stichworte zum Thema

Verkaufsprospekt

Vermögensanlagen-Verkaufsprospekte sind im Jahre 2020 für den Anlegerschutz unentbehrlich. Um eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen zu können, müssen die Kapitalgeber umfangreich und verlässlich über den Emittenten und die betreffende Vermögensanlage informiert werden. In Deutschland dürfen Vermögensanlagen nicht ohne einen Prospekt, den die BaFin zuvor auf die gesetzlich geforderten Mindestangaben geprüft hat, öffentlich angeboten werden. Der Prospekt ist also die wichtigste Entscheidungsgrundlage für den Erwerb einer Vermögensanlage. Es müssen alle wesentlichen Daten über das Beteiligungsangebot und die beteiligten Unternehmen enthalten sein.

Handelt es sich z.B. um einen geschlossenen Immobilienfonds, muss eine detaillierte Beschreibung über das zu erwerbende Projekt enthalten sein, über die Mittelherkunfts- und Mittelverwendungsrechnung Auskunft geben werden und das dem Angebot zugrundeliegende Vertragswerk enthalten sein. Außerdem müssen im Prospekt alle relevanten Risiken beschrieben werden. Der Prospektherausgeber ist für die sachliche Richtigkeit aller im Prospekt gemachten Angaben verantwortlich und kann für falsche Angaben haftbar gemacht werden. Die rechtlichen Grundlagen sind im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) geregelt.

Zeichnungen

Um Aktien oder andere börsengehandelte Wertpapiere vor der Notierung an der Börse oder einer Kapitalerhöhung erhalten zu können, muss der interessierte Investor das Wertpapier zeichnen. Dabei handelt es sich um eine besondere Art der Order. Genau wie bei einem normalen Wertpapierkauf kann diese Zeichnungsorder mit einer bestimmten Stückzahl und auch einem Limitpreis versehen werden. Die Gebühren für eine solche Order entsprechen üblicherweise der bei einem regulären Wertpapierkauf.

In der Regel erfordert die Beteiligung allerdings eine Mindeststückzahl, etwa von 50 Aktien, des Unternehmens, das das Kapital emittiert. Eine Zeichnung kann nur in einer recht kurzen Zeichnungsfrist abgegeben werden. Diese Frist beträgt in der Regel zwischen fünf Tagen und zwei Wochen.

Der Preis, zu dem der zeichnungswillige Investor die Papiere erhält, wird während dieser Bookbuilding-Phase ermittelt – und zwar durch Angebot und Nachfrage. Zuvor haben die Banken im Emissionskonsortium allerdings bereits eine Preisspanne oder auch Bookbuilding-Spanne ermittelt und bekannt gegeben. Ist die Nachfrage nach einer Aktie hoch, wird entsprechend ein Ausgabepreis am oberen Ende der Spanne ermittelt, bei geringerem Interesse auf Investorenseite fällt der Ausgabepreis entsprechend niedriger aus. Ist die Nachfrage so hoch, dass die Wertpapiere bereits überzeichnet (mehr Nachfrage als Angebot) sind, kann die Zeichnungsfrist auch vorzeitig beendet werden.

Zeichner

Durch die Zeichnung, beispielsweise eines geschlossenen Immobilienfonds, wird der Zeichner zum Fondsgesellschafter. Sein Anteil, und somit sein Mitspracherecht an der Gesellschaft richtet sich nach der Höhe der von ihm erbrachten Zeichnungssumme und den gesellschaftsvertraglichen Regelungen.

Beitritt zum Fonds durch Zeichnungsschein  

Den Beitritt zu einem Alternativen Investmentfonds erklärt der private oder institutionelle Investor durch seine Unterschrift auf dem Zeichnungsschein. D.h. er verpflichtet sich zum Erwerb und zur Bezahlung des auf dem Zeichnungsschein angegebenen Emissionskurses und zu den vorgesehenen Bedingungen (Zeichnungsbedingungen). Darauf müssen unter anderem die persönlichen Daten des Anlegers und die übernommene Zeichnungssumme dokumentiert sein.

Zeichnungssumme

Bei der Zeichnungssumme (auch: Anlagebetrag, Nominalbetrag) handelt es sich um den Betrag, mit dem sich ein Investor an der Gesellschaft beteiligt. Sie bestimmt in der Regel die Beteiligungsquote des Anlegers und damit insbesondere seinen Stimmrechtsanteil und seinen Anteil am Gewinn und Verlust der Fondsgesellschaft. Steuerliche Ergebnisse und Ausschüttungen werden entweder in Prozent der Zeichnungssumme oder in Prozent der Bareinlage angegeben. Der Ausgabeaufschlag – das Agio – zählt nicht zur Zeichnungssumme.

Weiterführende Links

Alternative Investmentfonds
Fonds
Fondsgesellschaft
Investoren
Institutionelle Investoren
Privatinvestoren
Sachwertbeteiligungen
BaFin
Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG)

 

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