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Nachhaltigkeit

Der Begriff Nachhaltigkeit ist bereits Jahrhunderte alt. Seine Verwendung wird auf den Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645 bis 1714) aus Freiberg in Sachsen zurückgeführt, der ihn auf die Wald- und Forstwirtschaft anwendete.

Er postulierte, bei der Nutzung eines Waldes sollte jeweils nur so viel Holz geschlagen werden, wie der Wald bis zum nächsten Einschlag auf natürlichem Wege wieder herstellen kann. Damit wollte er die Leistungsfähigkeit und Nutzbarkeit des Waldes langfristig sicherstellen.

Nachhaltigkeit – Der Historische Hintergrund

Carlowitz Bemühungen lassen sich daraus erklären, dass Holz zu seiner Zeit DER wichtigste Rohstoff war – zum Bauen, als Energieträger, für den Schiffsbau etc.

Rodung und damit Entwaldung war damals nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern ein Problem, das teilweise bis heute besteht (man denke nur an Kroatien oder Island).

Holz als Rohstoff

Insbesondere der wirtschaftlich sehr relevante Silberbergbau im Erzgebirge, der Heimat von Carlowitz, der als Oberberghauptmann für die Holzversorgung des sächsischen Berg- und Hüttenwesens verantwortlich war, benötigte Holz für den Ausbau der Gruben, den Erzabbau durch das Setzen von Feuer und nicht zuletzt für den Betrieb der Schmelzöfen mit Holzkohle.

Deshalb war dieser bedeutende Wirtschaftsfaktor durch die Holzknappheit seinerzeit akut bedroht, denn die Wälder in der Region waren seit Jahrhunderten ausgeplündert worden. So herrschte rund um die Silbergruben weitgehend Kahlschlag.

Hans Carl von Carlowitz´ Systematische Forstwirtschaft

Zur Lösung dieses Problems “erfand“ Carlowitz quasi die systematische Forstwirtschaft. Eine systematische Bewirtschaftung von Wäldern war bis dato unbekannt, ebenso wie der langfristige Blick auf den Nutzen eigener Aktivitäten (z. B. Aufforstungen) für nachfolgende Generationen.

Das eigene Überleben war vordringlicher. Insofern ist es fast zwangsläufig, dass solche Überlegungen aus dem Adel, der sich langfristiges, generationenübergreifendes Handeln wirtschaftlich leisten konnte, entstanden.

Sein Verständnis von Nachhaltigkeit formulierte Carlowitz wie folgt:

„Wird derhalben die größte Kunst/Wissenschaft/Fleiß und Einrichtung hiesiger Lande darinnen beruhen / wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuierliche beständige und nachhaltende Nutzung gebe / weiln es eine unentberliche Sache ist / ohne welche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag.“ (Carlowitz, „Sylvicultura oeconomica …“ Reprint von 1713, S. 150).

Damit hat er bereits alle drei Dimensionen des Begriffes einbezogen: die wirtschaftliche Effizienz, die soziale Gerechtigkeit und die ökologische Tragfähigkeit. Alle drei finden heute ihre Entsprechung in den ESG-Kriterien, die darauf abzielen, nachhaltiges Wirtschaften auf breiter Front in Gesellschaft und Politik zu verankern.

Transformation des Begriffes  Nachhaltigkeit in die Moderne

Trotz ihres beeindruckenden Alters ist Nachhaltigkeit kein altertümlicher Begriff, sondern heute so zeitgemäß wie eh und je. Breitere Aufmerksamkeit fand das Konzept seit 1972, als die Studie „Grenzen des Wachstums“ im Auftrag des Club of Rome erschien. Sie markiert die erste kritische Auseinandersetzung mit den Folgen ungezügelten Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums auf die natürlichen Ressourcen unseres Planeten.

Definiert wurde das englische Pendant Sustainability im Folgenden durch den Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen 1987 folgendermaßen: „Humanity has the ability to make development sustainable – to ensure that it meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“

Nachhaltigkeit kann insoweit verstanden werden als das Bemühen, Gerechtigkeit zwischen den Generationen über die Zeit herzustellen. Die Möglichkeiten zukünftiger Generationen sollen nicht durch egoistisches Handeln der aktuellen Generation eingeschränkt werden.

Unter ökonomischen Aspekten bedeutet Nachhaltigkeit, Gewinne möglichst umwelt- und sozialverträglich zu erwirtschaften, statt im Nachhinein Schäden aus der Produktionstätigkeit mit ebendiesen Gewinnen auszubessern. Denn nachhaltige Entwicklung muss sich selbst finanzieren und sollte keine Quersubventionierung aus nicht-nachhaltigen Geschäftszweigen benötigen.

Aus ökologischer Sicht bedeutet Nachhaltigkeit zunächst – in Analogie zur Forstwirtschaft – dass der Abbau erneuerbarer Ressourcen deren Regenerationsrate nicht übersteigen darf. Außerdem darf das Niveau schädlicher Emissionen nicht über der Assimilationskapazität liegen.

Dieser Aspekt integriert also die begrenzten Regenerationsfähigkeiten von Mensch und Natur in die Betrachtung. Damit bei all diesen Bemühungen auch soziale Belange nicht außen vor bleiben, ist der Dreiklang ESG von so immenser Bedeutung. Denn alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit müssen gleichberechtigt berücksichtigt und verfolgt werden.

Das Nachhaltigkeits-Modell

Grafisch kann dieses integrative Nachhaltigkeitsmodell wie folgt dargestellt werden :

Nachhaltigkeitsmodell

(Quelle: https://www.lpb-bw.de/dossier-nachhaltigkeit, Zugriff 13.10.2023)

 

Der Begriff Nachhaltigkeit besteht also heute aus zahlreichen Definitionskonzepten, die ganz unterschiedliche Aspekte berücksichtigen. Dies macht es auch so schwierig, messbare Kriterien für eine Einstufung als „nachhaltig“ festzulegen, denn auch diese Kriterien sind derselben Entwicklung unterworfen.

Politische Implikationen der Nachhaltigkeit

Im September 2015 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ mit insgesamt 17 Zielen (den „Sustainable Development Goals“ (SDG) für eine nachhaltige Entwicklung. Sie trat am 1. Januar 2016 in Kraft und soll bis 2030 umgesetzt werden.

Quelle: https://www.lpb-bw.de/dossier-nachhaltigkeit Zugriff 11.10.2023

Die Kernbotschaften der 17 SDG sind:

  • People: Die Würde des Menschen im Mittelpunkt
  • Planet: Den Planeten schützen
  • Prosperity: Wohlstand für alle fördern
  • Peace: Frieden fördern
  • Partnership: Globale Partnerschaften aufbauen.

In Europa formulierte die EU bereits 2001 ihre Strategie für nachhaltige Entwicklung mit Fokus auf Klimaschutz, Verkehr, Gesundheit, Armutsbekämpfung und Bio-Diversität. Im Januar 2019 reagierte die Europäische Kommission auf die Forderung nach einer Strategie zur Umsetzung der Agenda 2030 in der EU mit einem Reflexionspapier „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“.

Daraus zog der Europäische Rat folgende Konsequenzen.

„Zu den vom Rat herausgestellten wesentlichen politischen Grundlagen für eine nachhaltige Zukunft gehören ein entschiedener Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, das Streben nach Klimaneutralität, der Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme und die Bekämpfung des Klimawandels sowie die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft und des Lebensmittelsystems und sichere und nachhaltige kohlenstoffarme Energie-, Gebäude- und Mobilitätssektoren.

Der Rat betont ferner, wie wichtig es ist, den Zusammenhalt in Europa zu fördern, und ruft zur Stärkung der sozialen Dimension auf.“

Seit 2017 dient ein so genanntes EU-SDG-Indikatorenset dazu, Fortschritte bei der Umsetzung der 17 Ziele zu messen. Eurostat veröffentlicht dazu regelmäßig Indikatorenberichte, die den Prozess dokumentieren.

Deutschland verfügt seit 2002 über eine Nachhaltigkeitsstrategie, die anhand von 75 nationalen Indikatoren denn Umsetzungsstand der SDG in Deutschland vorantreibt und misst.

Nachhaltigkeit ist demnach ein weltweit verfolgtes Ziel, dessen Erreichung trotz aller Hindernisse energisch vorangetrieben werden muss, um unseren Planeten lebensfähig zu erhalten.

Quellen der EURAMCO 

Neuer Fonds 2023 – Erneuerbare Energien  – EURAMCO Clean Power
AIF (alternative Investmentfonds)
ESG-Kriterien
Nachhaltige Kapitalanlagen

Weiterführende Links  zum Thema Nachhaltigkeit

Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
EU-Rat: Für ein nachhaltiges Europa
Indikatorenberichte
Nachhaltigkeits-Dimensionen
Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung 
Von Carlowitz über beständige und anhaltende Nutzung
Zur Begriffsgeschichte

 

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