Bevor wir uns detailliert mit dem Immobilienmarkt und speziell den Immobilienfonds in Deutschland auseinandersetzen, lassen Sie uns einen kurzen Blick auf die ökonomischen Rahmenbedingungen der letzten Jahre werfen.
Deutschland hat sich seit der Jahrtausendwende wirtschaftlich gut entwickelt. Durch die starke industrielle Basis, das Qualitätssiegel „Made in Germany“ der Produkte und Dienstleistungen, sowie das umsichtige Handeln deutscher Unternehmen ist Deutschland besser durch die Finanzkrise gekommen als die meisten anderen Länder. Die gute Lage am Arbeitsmarkt und der kräftige Beschäftigungsaufbau sorgten für eine solide Binnenwirtschaft: Im Jahr 2019 waren durchschnittlich rund 45,3 Millionen Personen erwerbstätig. Das sind ca. 0,9 % mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig ging die Arbeitslosigkeit weiter zurück, auf 1,37 Millionen im Jahr 2019.
Im Gesamtjahr 2019 legte das Bruttoinlandsprodukt um 0,6 % auf rund 3,44 Billionen Euro zu. Das war deutlich weniger als jeweils in den beiden Vorjahren. Ähnlich schwach wie 2019 war das Wachstum zuletzt 2013. Gedämpft wurde die Konjunkturentwicklung den Angaben zufolge zum Jahresende vom Außenhandel. Deutschland führte weniger aus als im dritten Quartal. Die privaten und die staatlichen Konsumausgaben verloren nach einem sehr starken dritten Quartal zum Jahresende den Angaben zufolge an Dynamik. Der Boom am Bau setzte sich hingegen fort.
Europas größte Volkswirtschaft war nach Jahren des Booms 2019 in eine Schwächephase geraten, bedingt auch durch internationale Handelskonflikte und Unsicherheiten bei Firmen. Das bekam vor allem die exportorientierte deutsche Industrie zu spüren. Hinzu kam der Strukturwandel in der Autoindustrie.
Die Kauflust der Verbraucher und der Bauboom bewahrten die deutsche Wirtschaft vor einer Vollbremsung. Der private Konsum steht für rund 52 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Die Immobilienbranche spielt für die Bundesrepublik eine bedeutende Rolle. Sie trägt zu erheblichem Teil zur Stärke und zum Wachstum der Wirtschaft bei und versorgt die Gesellschaft mit Lebens– und Arbeitsräumen. Eine Besonderheit des deutschen Immobilienmarktes im internationalen Vergleich ist seine große Stabilität. Deutschland weist von allen OECD-Staaten die geringsten Schwankungen bei Wohnimmobilienpreisen auf. Insbesondere in den Jahren der Finanzkrise hat die deutsche Immobilienbranche nachweislich stabilisierend gewirkt. In Anbetracht der engen gesamtwirtschaftlichen Verzahnung der Immobilienwirtschaft gewinnt diese Stabilität in Krisenzeiten eine außergewöhnliche Bedeutung.
Ein Grund hierfür ist das System der Immobilienfinanzierung in Deutschland. Festzinsen und hohe Eigenkapitalquoten sorgen dafür, dass die Immobilienpreise im Vergleich zu anderen Ländern weniger auf kurzfristige Zinsänderungen reagieren. Geprägt wird das deutsche Immobilienfinanzierungssystem auch durch den Pfandbrief. Der Pfandbrief gilt als außerordentlich sicheres Wertpapier und legt die Grundlage für langfristige Finanzierungen. Darüber hinaus verfügt Deutschland über einen sehr großen und gut funktionierenden Mietwohnungsmarkt. Im Gegensatz zu Großbritannien oder den USA gibt es in Deutschland keinen Subprime („zweitklassigen“) -Markt, weil hierzulande Haushalte mit eingeschränktem finanziellen Spielraum keine teuren Kredite in Anspruch nehmen müssen, um sich ihre Wohnwünsche erfüllen zu können. Sie finden auf dem Mietwohnungsmarkt attraktive Alternativen zum Eigenheim.
Der deutsche Immobilienstandort ist einer der begehrtesten in Europa. Vor allem die sogenannten Big-Seven Städte – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – sind die für die Immobilienwirtschaft bedeutendsten Standorte. In diesen Großstädten ist das Transaktionsvolumen am höchsten und die Nachfrage nach Immobilien ist über alle Immobilienklassen hinweg außergewöhnlich groß. Das Interesse professioneller Investoren aus dem In- und Ausland führt dazu, dass laufend große Immobilienprojekte realisiert werden.
Ein weiterer Punkt, der für die Attraktivität deutscher Immobilien spricht, ist das DGNB-Zertifikat. Die DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) hat ein eigenes Zertifizierungssystem entwickelt, um nachhaltiges Bauen praktisch anwendbar, messbar und damit vergleichbar zu machen. 2019 konnte mit der 5000sten DGNB Auszeichnung ein echter Meilenstein erreicht werden.
Auch die steuerliche Behandlung einer Investition in Immobilien birgt einen weiteren Vorteil für den Investor. Damit beim Immobilien- bzw. Grundstücksverkauf keine Gewinnsteuer anfällt, muss der Eigentümer der Immobilie diese entweder seit Baufertigstellung bzw. Kauf selbst bewohnt oder mindestens im Verkaufsjahr und den beiden vorangehenden Kalenderjahren selbst genutzt haben. Wurde die Immobilie nicht selbst genutzt, muss sie 10 Jahre – die sog. Spekulationsfrist – im Eigentum des Verkäufers sein, damit keine Gewinnbesteuerung anfällt (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG).
Als „Immobilienfonds“ werden verschiedene Gesellschaftsformen bezeichnet, die das Kapital mehrerer Anleger bündeln und in Immobilien investieren – in der Regel mit dem Kauf von Bürogebäuden, Wohnanlagen, Einkaufszentren oder anderen großen Immobilien. Aus den Miet-, Zins- und Veräußerungseinnahmen generiert ein Fonds Erträge, die nach Abzug der Verwaltungs-, Finanzierungs- und sonstiger Kosten an die Anleger ausgezahlt werden. Bei Immobilienfonds in Deutschland wird zwischen „offenen“ und „geschlossenen“ Fonds unterschieden. Hinsichtlich der Funktionsweise, der Risiken und der Flexibilität der Anlage besitzen die Klassen deutliche Unterschiede. Das macht sie jeweils für unterschiedliche Anlagestrategien interessant.
Offene wie geschlossene Immobilienfonds sind eine Möglichkeit, sich am Immobilienmarkt zu beteiligen und dabei einen bestimmten Diversifikationsgrad durch mehrere Objekte zu erreichen. Zwar investieren beide Fondsarten das Anlegerkapital in Immobilien, doch ansonsten gibt es deutlich mehr Unterschiede zwischen offenen und geschlossenen Fonds als Gemeinsamkeiten.
Der erste Unterschied besteht bereits darin, dass offene Immobilienfonds auch für Sparer und Kleinanleger geeignet sind, was für geschlossene Immobilienfonds nicht zutrifft. Denn offene Immobilienfonds können bereits ab einem „Einsatz“ von nur 50 Euro und auch regelmäßig im Zuge eines Fondssparplans erworben werden, während die Mindesteinlage bei den geschlossenen Immobilienfonds in Deutschland im Unterschied dazu meist 10.000 Euro oder mehr beträgt. Ein Hauptmerkmal von geschlossenen Fonds ist, dass eine festgelegte Zielsumme eingeworben wird. Im Gegensatz dazu sind offene Immobilienfonds „offen“ für Anteilseigner, d.h. nicht auf eine bestimmte Platzierungssumme begrenzt. Prinzipiell können jederzeit neue Anleger Anteile erwerben.
Bezüglich der Steuer ist es wichtig für die Anleger zu wissen, dass die Erträge aus offenen Immobilienfonds in der Regel den Einnahmen aus Kapitalvermögen zugerechnet werden, während die Erträge aus den geschlossenen Immobilienfonds in der Regel den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder Einkünften aus einem Gewerbebetrieb zuzuordnen sind.
Unterschiede zwischen den offenen und den geschlossenen Immobilienfonds gibt es in Deutschland auch bezüglich der Rendite. Bei den offenen Immobilienfonds wird mit einer durchschnittlichen Rendite von zwei bis vier Prozent gerechnet, während die Rendite bei den geschlossenen Immobilienfonds mit fünf bis sieben Prozent kalkuliert wird. Insofern zählt die höhere Rendite sicherlich zu den Vorteilen geschlossener Immobilienfonds.
Was die Sicherheit angeht, so hat wiederum der offene Immobilienfonds im Vergleich einige Vorteile. Der Grund besteht darin, dass offene Immobilienfonds in sehr viele Objekte investieren und somit eine Risikostreuung vorhanden ist. Würde nun beispielsweise eine Immobilie „ausfallen“, so würde das zwar die Rendite des Fonds mindern, ansonsten aber keine größeren Auswirkungen haben. Der geschlossene Immobilienfonds investiert hingegen häufig nur in eine deutlich geringere Zahl an Immobilien.
Bei einer Investition in nur eine Immobilie spricht man von nicht risikogemischt investierenden Investmentvermögen. Ab einer Investition in drei Immobilienobjekte spricht man von risikogemischt investierenden Investmentvermögen.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Fonds betrifft die Laufzeit und Verfügbarkeit der Fondsanteile. Offene Immobilienfonds haben keine Begrenzung der Laufzeit. Bei der Rückgabe von Fondsanteilen ist allerdings die Einhaltung der Mindesthaltefrist, die vorgibt, dass der Anleger seine Fondsanteile eine bestimmte Zeit besitzen muss, zu beachten. Außerdem gibt es eine Rückgabefrist, die besagt, dass der Anleger eine bestimmte Zeit vor Rückgabe seiner Anteile, diese verbindlich ankündigen muss.
Die Laufzeit von geschlossenen Immobilienfonds beträgt im Schnitt zwischen 10 und 20 Jahre und die Rückgabe der Anteile ist vor Ablauf der Fondslaufzeit nur sehr eingeschränkt möglich (Zweitmarkt). Ob und zu welchem Preis der Verkauf von Anteilen auf einer Zweitmarkt-Plattform möglich ist, hängt von der Nachfrage ab. Eine Beteiligung kann möglicherweise deutlich unter dem Ausgabepreis oder nur mit Abschlägen veräußert werden.
Laut EZB sind in der EU insgesamt 12,1 Billionen Euro privater und institutioneller Anleger in Investmentfonds angelegt. Deutschland ist mit einem Vermögen von 2,7 Billionen Euro der größte Markt. Das Nettovermögen aller offenen Immobilienfonds beträgt knapp 113 Mrd. Euro. Die Summe der Nettovermögen geschlossener Immobilienfonds beläuft sich auf rund 107 Mrd. Euro (Stand 31.03.2020).
Offene Immobilienfonds
Geschlossene Fonds
Was sind Fonds?
Die Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung
DGNB-Zertifikat
Investmentstatistik