Bei offenen Investmentfonds bilden das eingelegte Kapital der Anleger und die damit erworbenen Vermögensgegenstände das sogenannte Sondervermögen. Vermögensgegenstände eines Investmentfonds können beispielsweise Aktien, Bezugsrechte, Renten, Immobilien, Rohstoffe und liquide Mittel sein. Das Sondervermögen zeichnet sich dadurch aus, dass es vom Kapital der Investmentgesellschaft getrennt verwahrt wird.
Dies geschieht zum Schutz der Anleger. Sollte die Investmentgesellschaft Verbindlichkeiten haben oder in Insolvenz gehen, haben die Gläubiger keinen Zugriff auf das Sondervermögen. Es gehört nicht zur Konkursmasse, so sind hier Investoren vor einem Ausfallrisiko geschützt.
Auch eine Veruntreuung der Investorengelder durch eine Kapitalverwaltungsgesellschaft wird durch die getrennte Verwahrung eingeschränkt. Der Wert des Sondervermögens hängt von der Summe der jeweils aktuellen Rücknahmepreise der Anteilsscheine ab. Investmentgesellschaften können mehrere Sondervermögen bilden, in der Regel eines für jeden aufgelegten Fonds.
Alternative Investmentfonds funktionieren grundlegend anders als offene Fonds. Ein AIF ist zwar kein Sondervermögen, aber eine eigenständige Rechtseinheit, die nicht zur Kapitalverwaltungsgesellschaft gehört, sondern nur von ihr betreut wird.
Das Sondervermögen bzw. ein AIF wird bei einer Verwahrstelle hinterlegt. Vor dem Inkraftntreten des KAGB im Jahr 2013 bezeichnete man diese noch als Depotbank. Die Verwahrstelle ist den Interessen des Anlegers verpflichtet und muss dessen Ansprüche gegenüber der Kapitalverwaltungsgesellschaft geltend machen. Bei der Verwahrstelle handelt es sich um ein unabhängiges Institut, bei dem die Werte des Sondervermögens, beispielsweise Wertpapiere oder liquide Mittel, deponiert werden. Jedes zugelassene Kreditinstitut kann als solche fungieren. Zudem kann die Verwahrstelle heute auch eine Anwaltskanzlei oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein. Die Verwahrstelle hat über die reine Aufbewahrung hinaus auch eine kontrollierende Funktion. Dazu gehört die Marktgerechtigkeitsprüfung. In deren Rahmen wird kontrolliert, ob die von den Fonds abgewickelten Käufe und Verkäufe zu marktüblichen Kursen erfolgt sind. Auch bedarf eine ganze Reihe von Geschäftstätigkeiten der Fondsgesellschaft einer Zustimmung durch die Verwahrstelle. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme von Krediten.
Die gesetzliche Grundlage bildet in Deutschland das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Unter § 1 Absatz 10 findet sich folgende Definition: „Sondervermögen sind inländische offene Investmentvermögen in Vertragsform, die von einer Verwaltungsgesellschaft für Rechnung der Anleger nach Maßgabe dieses Gesetzes und den Anlagebedingungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Verwaltungsgesellschaft zu den Anlegern bestimmt, verwaltet werden.“ Wenn die Verwahrstelle ihre gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt, kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) der Fondsgesellschaft auferlegen, die Verwahrstelle zu wechseln.
Was passieren kann, wenn das Sondervermögen nicht streng getrennt verwahrt wird, zeigt ein Fall aus der jüngeren Geschichte. Der amerikanische Finanzmakler Bernie Madoff war einst einer der bekanntesten Börsenstars der USA und Vorsitzender der Technologiebörse NASDAQ. Madoff verursachte mit seinen betrügerischen Geschäften weltweit einen Schaden von über 50 Milliarden Euro. Er hatte ein Vermögen damit gemacht, indem er Investorengelder einsammelte, ohne diese jemals tatsächlich zu investieren. Vielmehr arbeitete er mit einem Schneeballsystem, frische Anlegergelder wurden benutzt, um alte Anleger auszubezahlen. Diese Methode wird in den USA auch nach einem historischen Betrugsfall „Ponzi scheme“ benannt. Den Anlegern wurde zum Verhängnis, dass Madoff seine Fonds nicht nur managte, sondern gleichzeitig auch noch die Funktion der Depotbank ausfüllte und so seine eigenen Finanzgeschäfte kontrollierte und uneingeschränkten Zugriff auf das Sondervermögen hatte. Immerhin musste er teuer für seine Verbrechen bezahlen, ein amerikanisches Gericht verurteilte ihn zu einer Strafe von insgesamt 150 Jahren Haft.
Definition „Sondervermögen“ im Juraforum