Grundsätzlich bezeichnen die Wirtschaftswissenschaften denjenigen Teil des Gesamtkapitals als Eigenkapital, der sich in der Bilanz als (positiver) Unterschiedsbetrag von Vermögen einerseits und Schulden andererseits ergibt.
Damit ist das Eigenkapital identisch mit dem Reinvermögen, es steht dem jeweiligen Wirtschaftssubjekt ohne zeitliche Befristung dauerhaft zur Verfügung und muss nicht, wie etwa ein Kredit an die Bank, zurückgezahlt werden – im Unterschied zum Fremdkapital, das die Schulden bzw. Verbindlichkeiten eines Unternehmens darstellt.
Fremdkapital bildet zusammen mit dem Eigenkapital schließlich das Gesamtkapital ab.
In der Betriebswirtschaftslehre wird Eigenkapital keineswegs einheitlich definiert, unterschiedliche Definitionen setzen unterschiedliche Schwerpunkte – sei es seine Herkunft, seien es Rückzahlungs- oder Bilanzierungsaspekte.
Auf Privathaushalte übertragen gehören nach verbreiteter Definition zum Eigenkapital Bargeld, Spar- und Termineinlagen, Wertpapiere, Bausparguthaben und unbelasteter Grundbesitz.
Abgrenzungsprobleme zu Fremdkapitalposten lassen sich (wichtig besonders für externe Analysten!) anhand der Rückzahlungsanforderungen lösen. Dennoch bleibt die Beurteilung komplex:
Wenn eine auch nur geringe Rückzahlungsmöglichkeit besteht, ist diese Bilanzposition dem Fremdkapital zuzuordnen, das gilt beispielsweise für Rückstellungen oder für Kapitalformen mit erfolgsunabhängigen Zinsen. Rücklagen können hingegen im Gegensatz zu Rückstellungen für betriebsinterne Zwecke wie Kapitalerhöhung oder Übernahmen etc. dienen und sind dem Eigenkapital zuzurechnen.
Weitere Beispiele für Fremdkapital sind nachrangige Darlehen und Genussrechte. Entsteht die bedingte Rückzahlungsverpflichtung erst bei Liquidation, sind die Genussrechte hingegen als Eigenkapital einzustufen. Auch die Einlage des typisch stillen Gesellschafters ist grundsätzlich als Fremdkapital zu betrachten. Anders hingegen bei einer atypisch stillen Gesellschaft.
Handelt es sich um Gesellschafterdarlehen, so sind diese formal zwar Fremdkapital, werden jedoch wie wirtschaftliches Eigenkapital behandelt.
Mischformen wie Mezzanine-Kapital stehen definitorisch zwischen Eigen- und Fremdkapital.
Wirtschaftliches Eigenkapital bezeichnet das Kapital eines Unternehmens, das diesem als Eigenmittel zur Verfügung steht. Es beschränkt sich allerdings nicht auf das Eigenkapital, das auch in der Bilanz als solches ausgewiesen ist.
Das wirtschaftliche Eigenkapital errechnet sich nach folgender Formel:
Summe Eigenkapital im Jahresabschluss nach § 266 Abs. 3 HGB (Position A)
+ 50 % der Sonderposten mit Rücklageanteil („§ 6b Rücklagen“)
– ausstehendes, noch nicht eingezahltes Kapital
– Firmenwert
+ Darlehen der Gesellschafter
– sonstige Forderungen an Gesellschafter
– sonstiges Mezzanine-Kapital
– eigene Aktien
= wirtschaftliches Eigenkapital
Geld, das einem gehört (egal ob Unternehmen oder Privatperson), ist selbstverständlich per se nützlich und bietet Vorteile. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die ganz spezifischen Vorzüge dieser liquiden Mittel für verschiedene Einsatzbereiche im Unternehmen.
Bei einer Unternehmensgründung übernimmt das Eigenkapital die Gründungsfunktion. D.h. es dient zur Finanzierung der ersten Investitionen und darüber hinaus zur Absicherung der Fremdkapitalgeber ohne das in aller Regel auch kein Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden wird. In besonderem Maße gilt dies für Versicherungen und Kreditinstitute.
Bereits in diesem frühen Stadium dient das Eigenkapital also einer möglichst hohen Bonität und damit der Unternehmensfinanzierung.
Es wird, gemäß der goldenen Bilanzregel, zur Finanzierung des langfristigen Sachanlagevermögens und der Beteiligungen eingesetzt. Gleichzeitig ist die Eigenkapitalquote (dazu unten mehr) für Gläubiger eine der wichtigsten Kennzahlen zur Beurteilung der Bonität einer Firma.
Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil das Eigenkapital Verluste auffangen und damit die Gläubiger des Unternehmens schützen kann. Eigenkapitalfinanzierte Vermögensgegenstände des Unternehmens sind die wichtigste Schuldendeckungsgröße für seine Gläubiger.
Eigenkapital übernimmt also die Haftungsfunktion und kann dies natürlich umso länger tun, je mehr davon vorhanden ist. Das bedeutet: es steigert die (finanzielle) Stabilität eines Unternehmens, weil es nicht zurückgezahlt werden muss. Ein funktionierender Gläubigerschutz vereinfacht wiederum den Zugang des Unternehmens zu Fremdkapital.
Damit korrespondiert das Risikodeckungspotenzial. Aus den oben genannten Gründen limitiert das Eigenkapital bzw. die Eigenkapitalquote die Risikotragfähigkeit eines Unternehmens, beide sind deshalb zentrale Stellgrößen im Rahmen des Risikomanagements.
Die Funktionen von Eigenkapital in Sachen Finanzierung, Haftung und Risikodeckung begründen seine Repräsentations- und Werbefunktion. Es steht für Stabilität, eine solide Ausstattung mit Eigen- und damit Gesamtkapital kann deshalb werblich kommuniziert werden und durch ihre Auswirkungen auf Kreditwürdigkeit und Solvabilität den Ruf der Firma bei Anlegern, Kreditgebern, Analysten und Kunden positiv beeinflussen.
Bereits im Mittelalter traten die Unterschiede zwischen Risikokapital (Italienisch: Accomandita) und festverzinslichem Kapital (Italienisch: Depositum) deutlich hervor. 1408 findet sich der erste Beleg für eine auf Haftungsbeschränkung auf das Eigenkapital einer Gesellschaft in Florenz.
Befördert wurde die Bildung von Eigenkapital nicht zuletzt durch das mittelalterliche Zinsverbot, das die Kreditvergabe deutlich behinderte. Im deutschen Recht taucht das Eigenkapital erst im späten 18. Jahrhundert auf, so lange war es ein unbestimmter Rechtsbegriff.
Eigenkapital entsteht bei einer Neugründung durch Bar- oder Sacheinlagen der Gesellschafter. Während des Lebenszyklus’ des Unternehmens wird es durch Kapitalerhöhungen, Gewinnthesaurierung, Aktivierung von Vermögensposten sowie Höherbewertung von Aktiva und Niedrigerbewertung von Passiva weiter aufgebaut, so funktioniert Selbstfinanzierung.
Börsennotierte Unternehmen können Eigenkapital durch Ausgabe neuer Aktien beschaffen, nicht börsennotierte Unternehmen können versuchen, so genanntes Private Equity von Investoren zu akquirieren.
Bei Kapitalgesellschaften zählen zum Eigenkapital gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, Gewinn- und Verlustvorträge und der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag. Ausstehendes Kapital (=gezeichnet, aber noch nicht eingezahlt) erhöht das Eigenkapitalvolumen erst nach Einforderung UND Einzahlung. Noch nicht eingefordertes Kapital muss vom gezeichneten offen abgesetzt werden.
Wie oben bereits kurz angerissen, ist die Größe Eigenkapitalquote eine der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Eine Kennzahl kann bei der Problemerkennung, bei der Ermittlung betrieblicher Stärken und Schwächen, bei der Kontrolle und bei der Informationsgewinnung helfen.
Mit mehreren Kennzahlen können wichtige Sachverhalte in einem Unternehmen dokumentiert oder koordiniert werden. Sie liefern verdichtete Informationen, können Zustände, Eigenschaften, Leistungen des Systems oder der Systemumwelt und ihre Wirkungen abbilden (Ist-Werte), sie können diese Werte als Zielgrößen (Soll-Werte, operationale Ziele, englisch: targets) festlegen und ermöglichen damit den Vergleich mit Ist-Werten und das Ausmaß der Zielerreichung.
Die Bedeutung der Eigenkapitalquote ergibt sich nicht nur aus ihrer intuitiven Verständlichkeit: Sie gibt den Anteil des (wirtschaftlichen) Eigenkapitals in Prozent an der Bilanzsumme an. Aus den oben genannten Funktionen des Eigenkapitals ergibt sich unmissverständlich, dass eine höhere Eigenkapitalquote die finanzielle Stabilität und die Bonität des Unternehmens verbessert.
Allerdings existiert keine allgemeingültige Untergrenze für eine (Mindest-)Eigenkapitalquote, vielmehr spricht man von einer „angemessenen Eigenkapitalquote“, die je nach Reifestadium von Unternehmen und Branche in unterschiedlicher Höhe angesiedelt sein wird. Eine Bank wird demnach anders eingeschätzt als ein Maschinenbauunternehmen oder ein Lebensmittelhersteller.
Kreditinstitute weisen in der Regel vergleichsweise niedrige Eigenkapitalquoten von meist unter 10 Prozent auf, die etwa in der EU gesetzlich beaufsichtigt wird. Die neuen Basel-III-Regeln sehen vor, dass Banken über Eigenkapital in Höhe von mindestens 8 Prozent ihrer risikogewichteten Aktiva verfügen müssen.
Seit dem 1. Januar 2019 müssen die größten „systemrelevanten“ Banken eine Quote von 11,5 bis zu 13,0 Prozent und die meisten anderen Banken eine Quote von 10,5 Prozent erfüllen. Die EU-Kommission hat Ende 2021 ihren Legislativvorschlag zur Umsetzung von Basel IV verabschiedet. Nach den Plänen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) sollen die neuen Regelungen im Euro-Raum bereits ab dem 1. Januar 2023 erstmals von den Banken angewendet werden.
Anlageintensive Betriebe im produzierenden oder verarbeitenden Gewerbe benötigen eine deutlich höhere Eigenkapitalquote. Beispielsweise geben die Körperschaftsteuerrichtlinien von 2004 eine Quote von mindestens 30 Prozent vor. Liegt sie darunter, sollte in der Tendenz eine positive Entwicklung mit einer steigenden Quote erkennbar sein.
Großunternehmen weisen tendenziell eine höhere Eigenkapitalquote auf als kleinere, was an ihrem erleichterten Zugang zum Kapitalmarkt liegen mag.
Gilt also für die Eigenkapitalquote ganz pauschal „je höher, desto besser“? Nicht unbedingt: Eine reine Eigenkapitalfinanzierung schmälert die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen, kann deren Wachstum durch begrenzte Investitionsmöglichkeiten limitieren und so seine langfristigen Handlungsspielräume einschränken.
Dadurch verringert eine (zu) hohe Eigenkapitalquote die Eigenkapitalrentabilität von Unternehmen. Die Rentabilität ist eine wichtige Kennzahl, um Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit zu beurteilen. Sie gibt an, in welchem prozentualen Verhältnis der Gewinn zum Eigenkapital steht. Unternehmen und Selbstständige, die auf Dauer nicht rentabel arbeiten, werden sich am Markt nicht behaupten können.
Daneben ermöglicht Fremdfinanzierung die Nutzung der Hebelwirkung des Leverage-Effektes, solange der Fremdkapitalzins niedriger liegt als die Gesamtkapitalrendite des Unternehmens.
In diesen Fällen erhöht eine Fremdfinanzierung die Gesamtkapitalrendite. Diese und ähnliche, komplexe Überlegungen sind von Unternehmen im Rahmen der Ermittlung des optimalen Verschuldungsgrades anzustellen.
Eine zu hohe Verschuldung erhöht ceteris paribus sukzessive die Kosten der Fremdfinanzierung und kann dadurch ebenso lähmend wirken. Auf ein optimales Verhältnis von Eigen- und Fremdfinanzierung wird es also ankommen.
Die Optimierung muss demnach simultan unter Unsicherheit stattfinden.
Berechnung in der Bilanz
Eigenkapitalquote von Banken im Euro-Raum
Eigenkapitalrentabilität
Finanzierungsregeln
Goldene Bilanzregel
Jahresabschluss
Kennzahl Eigenkapitalquote
Körperschaftssteuerrichtlinien
Kredit und Bonität
Leverage-Effekt
Mezzanine-Finanzierung
Rückstellungen oder Rücklagen?
Selbstfinanzierung
Stille Gesellschaft
Unterschied zum Fremdkapital
Wirtschaftliches Eigenkapital
Zinsen und Zinsverbot
Stand der Informationen: April 2022